EGUS (Equine Gastric Ulcer Syndrom) – Das Magengeschwür beim Pferd

EGUS (Equine Gastric Ulcer Syndrom) – Das Magengeschwür beim Pferd

Gastbeitrag des Freien Lehrzentrums Esther Weber-Voigt (EWV)

 

EGUS beschreibt einen ernstzunehmenden Symptomkomplex beim Pferd, der durch Läsionen in der Magenschleimhaut gekennzeichnet ist. Das Magengeschwür ist eine der häufigsten Erkrankungen des Magens beim Pferd.

Es gibt eine beschriebene Prävalenz bei (Vollblut-) Rennpferden (37 %), besonders bei denjenigen, die aktiv im Renn- und Turniersport laufen. Hier liegt das Vorkommen bei nahezu 100 %. Die niedrigste Erkrankungsrate tritt bei nicht-sportlich genutzten Pferden auf (ca. 11 %).

Doch auch weitere Risikofaktoren wie z. B. chronischer Stress durch Training und Transport oder nutritive und soziale Stressoren wie falsche bzw. fehlerhafte Fütterung oder Veränderungen in der Haltung sind in der Literatur beschrieben und können Pferde jeder Rasse und jeden Alters betreffen.

 

 

Ursachen und Entstehung

Im Magen des Pferdes wird kontinuierlich Magensäure produziert. Der puffernde Speichel wird jedoch hauptsächlich beim Kauen gebildet. Bekommt ein Pferd unzureichend Raufutter zur Verfügung gestellt, kann dies zu einem Missverhältnis zwischen Magensäure und Puffer führen und dies wiederum zur Entstehung von Läsionen in der Magenschleimhaut beitragen.

Auch Fehler im Fütterungsmanagement, wie zu lange Pausen zwischen den einzelnen Fütterungen oder zu hohe Mengen an Kraftfutter, kann zu Unstimmigkeiten in dem empfindlichen Gleichgewicht zwischen schleimhautprotektiven und schleimhautschädigenden Faktoren führen.

Als protektive Substanzen gelten unter anderem die Mucus-Bikarbonat-Schicht und Prostaglandine (PGE). Als dominierend aggressiv gegenüber der Schleimhaut gelten Salzsäure, Gallensäuren, Pepsin, Butyrat, Propionat und Acetat.

Auch eine schwere Allgemeinerkrankung (Infektionen, Koliken), orthopädische Probleme oder eine andere zugrundeliegende chronische Erkrankung, ebenso wie Medikamente (Langzeitbehandlungen mit Nicht-steroidalen Antiphlogistika (Schmerzmittel) und Kortikosteroide) können verantwortlich für die Entstehung eines Geschwürs sein.

Das equine gastric ulcer Syndrom ist ein multifaktorielles Geschehen. Mehrere Ursachen müssen zusammentreffen, um eine klinisch manifeste Erkrankung auszulösen.

 

Symptome und Diagnostik

Die Symptome erosiver und ulcerativer Gastroduodenopathien sind abhängig von der Schwere und Dauer der Erkrankung und in der Regel unspezifisch. Häufig kommt es bei den betroffenen Pferden zu vermindertem oder selektivem Appetit oder gar zur Inappetenz. In der Folge kommt es zu einem schlechtem Allgemeinbefinden Abmagerung. Auch die äußere Erscheinung und das Verhalten des Pferdes ändern sich deutlich. Das Fell wird stumpf, es kommt oftmals zu einer deutlichen Leistungsinsuffizienz, Bruxismus (Zähneknirschen) und Ptyalismus (vermehrter Speichelfluss). Nicht selten kann ein vermehrtes Gähnen oder Flehmen beobachtet werden. Das Pferd wird sensibel im Bereich des Magens, es lässt sich eventuell nicht mehr gerne putzen. Auch rezidivierende Koliken können in Zusammenhang mit Magengeschwüren auftreten.

Bei Saugfohlen sind die Symptome oftmals deutlicher ausgeprägt und pathognomisch für das EGUS. Zähneknirschen, Foetor ex ore (Mundgeruch), Hypersalivation und das abrupte Abbrechen des Saugaktes mit kolikartigen Symptomen sind typisch.

Als Goldstandard in der Diagnostik gilt die Gastroskopie. Hierbei wird unter leichter Sedation des Patienten ein Videoendoskop über die Nase zuerst in die Speiseröhre und dann weiter in den Magen (und den Anfang des Duodenums) eingeführt und die Schleimhaut untersucht.

Das Equine Gastric Ulcer Syndrome wird nochmal in zwei Unterarten eingeteilt, je nach anatomischem Vorkommen der Läsionen.
Befinden sich die Läsionen hauptsächlich im nicht-drüsenhaltigen Teil des Magens (pars non-glandularis), spricht man von ESGD (equine squamous gastric disease).

Hier werden anhand der pathologischen Veränderungen in der Schleimhaut folgende Schweregrade unterschieden:

Grad 0 – Keine sichtbaren Veränderungen
Grad 1 – Intakte Mucosa, aber hyperkeratotische Bereiche
Grad 2 – Kleine, einzelne oder multifaktorielle Läsionen
Grad 3 – Große, einzelne oder multifaktorielle Läsionen
Grad 4 – Tiefe Läsionen mit Ulzerationen

Befinden sich die Läsionen im drüsenhaltigen Teil des Magens (pars glandularis), so spricht man von EGGD (equine glandular gastric disease).

Im Unterschied zu ESGD werden die Befunde bei der EGGD nicht in Schweregrade eingeteilt. Man beschreibt hier lediglich den Ort, an denen sich die Veränderungen befinden, sowie die Art der Veränderung.

 

 

Therapie

Die Art und die Dauer der Therapie ist ebenso wie die Ätiologie multifaktoriell und abhängig von dem Schweregrad der Befunde. Grundsätzlich gilt es, sämtliche prädisponierende Faktoren abzustellen. Insbesondere die Fütterung der betroffenen Pferde sollte fachkundig überprüft und gegebenenfalls optimiert werden.

Eine medikamentöse Therapie durch den behandelnden Tierarzt / die behandelnde Tierärztin ist in den meisten Fällen unerlässlich. Die am häufigsten verwendeten Medikamente sind Protonenpumpenhemmer (Omeprazol / GastroGard® 370 mg) und Sucralfat (Sucrabest® 1 g Granulat). Auch prokinetische Medikamente wie Metoclopramid können gegeben werden. Diese verbessern die bei EGUS oft verzögerte Magenentleerung und helfen, eine normale Verdauung aufrechtzuerhalten.

Der Erfolg der Therapie wird ein paar Wochen nach Beginn (vier bis acht Wochen) durch eine erneute Gastroskopie überprüft.

Ein zu frühes Absetzen der Medikamente oder eine unregelmäßige Gabe kann zu einem Rezidiv führen. Kommt es zur Perforation eines Magengeschwürs, entsteht in der Folge eine Peritonitis (Bauchfellentzündung), an der das Pferd in kurzer Zeit verendet.

 

Fazit

Das Equine Gastric Ulcer Syndrome ist eine häufige Erkrankung des Magens mit vielen möglichen Ursachen und ernsten Folgen für das Tier. Eine rechtzeitiges Erkennen der Symptome und eine adäquate Therapie sind unerlässlich für eine günstige Prognose.

 

Quellen

  • DocCheck Flexikon: Equine Glandular Gastric Disease (Pferd)
  • Thieme VetCenter – pferde spiegel 2015; 18(1): 22–31
  • Thieme VetCenter – Handbuch Pferdepraxis. Brehm W, Gehlen H, Ohnesorge B, Wehrend A, Hrsg. 4. Auflage. Enke Verlag, Stuttgart 2016
  • PubMed: Equine Gastric Ulcer Syndrome: An Update on Current Knowledge – Jessica Vokes et al. (PMID: 37048517, DOI)
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